Alp­traum

«Ich bin gar nicht so ein Schwarz-Fan. Ich habe Dunkelblau gerne. Ich habe gerne Farben, aber monochrom. Auch meine Bilder, diese sind Grau (Grisaille), von Braun zu Blau.»

Im Febru­ar 1970 erleb­te ich einen mei­ner stärks­ten und unan­ge­nehms­ten Träu­me. Ich wohn­te damals aus wohn­tech­ni­schen Grün­den getrennt von mei­ner Freun­din Li in der alten Feld­eggstras­se 8, in einem klei­nen dunk­len Zim­mer. Li wohn­te bei E. und deren 5jährigem Sohn in einem Abbruch­haus ganz in mei­ner Nähe. Der Traum spiel­te sich nun in jener Woh­nung ab: Ich lag auf dem Bett und betrach­te­te Li, die in einem gel­ben Kleid tanz­te, das Fun­ken gel­ben Lichts durch das Zim­mer sprüh­te. Rote geo­me­tri­sche For­men durch­wo­ben den Raum, und die Bil­der an den Wän­den lös­ten  sich in Schich­ten ab. Die Wän­de pul­sier­ten im Rhyth­mus mei­nes Herzschlags. […]

Die Wän­de klemm­ten mich wie zwei bau­chi­ge Fleisch­klum­pen ein.

Werk 122 WC (1970)

Werk 116 Pas­sa­ge IV (1969)

Mit einem Sprung erreich­te ich die Tür, ent­rie­gel­te sie und stürz­te, nach Luft rin­gend in den Kor­ri­dor. Erlöst von die­sem Spuk, begab ich mich in Lis Zim­mer und leg­te mich hin. Der klei­ne B, war auch im Zim­mer und woll­te mit mir spielen.

Er fing an neben mir im Bett zu stram­peln, mich zu tre­ten. Ich war hilf­los wie ein klei­nes Kind und konn­te mich nicht weh­ren. Li befrei­te mich end­lich von dem klei­nen Pla­ge­geist, der sich wäh­rend die­ses Vor­gangs in einen klei­nen vio­lett-grün­li­chen Teu­fel mit klei­nen Hör­nern und einem wider­lich gemei­nen, aggres­si­ven Gesichts­aus­druck ver­wan­delt hat­te. Li brach­te B. zu sei­ner Mut­ter, die in der Küche han­tier­te. 

Doch mir hat­ten die paar Trit­te in den Magen genügt, mir wur­de übel. Die Luft im Zim­mer war sti­ckig, Das Fens­ter auf­reis­sen und mich in den eben­erdig lie­gen­den Gar­ten zu über­ge­ben, war mein ein­zi­ger Wunsch. Doch im letz­ten Augen­blick bemerk­te ich eine Frau, die mich eigen­ar­tig ansah. […]

Die Angst und Qual, die Kon­trol­le über mei­ne Sin­ne zu ver­lie­ren, trieb mich zu immer ver­wirr­te­ren Hand­lun­gen. Plötz­lich glaub­te ich die Qual nicht mehr aus­hal­ten zu kön­nen und mich töten zu müs­sen. Der gela­de­ne Revol­ver in mei­ner Schub­la­de wur­de zu einer gros­sen Gefahr.

Ich bat Li, den Revol­ver zu ent­la­den und die Muni­ti­on weit weg zu wer­fen. Sie wuss­te aber nicht, wie man das mach­te, und so muss­te ich selbst den Revol­ver in die Hand neh­men, um es zu tun, und bei die­ser Hand­lung wur­de mir plötz­lich die Lächer­lich­keit mei­ner Ängs­te bewusst, und von die­sem Augen­blick an hat­te ich den Hor­ror über­wun­den und erwach­te Gott sei Dank.

Werk 125 Pas­sa­ge Tri­pty­chon (1970)

HR Giger
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